Der Wunsch nach Individualität ist in einer von Medien dominierten Welt ein grundlegendes Ansinnen. Werte wie Akzeptanz und Toleranz gegenüber der Authentizität des Einzelnen werden einer Abbildungsrealität gegenübergestellt.
Was ist Individualität noch wert, wenn Abbilder Abbilder imitieren? Gibt es so etwas wie authentische Individualität und wo lässt sie sich finden?
In dieser Fragestellung wird ein Blick in die künstlerische Fotografie spannend: Zu sehen wie zeitgenössische KünstlerInnen Identitätssuche darstellen, ironisieren, mit ihr spielen und den Betrachter in befremdliche Situationen führen.
Die Galerie Z22 zeigt zehn künstlerische Positionen, die sich mit Selbst- und Fremddarstellung, Außenwahrnehmung und den Möglichkeiten von privaten und naturgegebenen Schutzräumen beschäftigen. Die KünstlerInnen liefern unterschiedliche Sichtweisen auf medial entworfene Rollenbilder und setzen sich mit dem Thema des Privatraums, wie der des "Zuhauses" oder der Natur als Bühne oder Schutzraum auseinander.
Die ausgestellten Fotografien sind in einer poetischen Komposition arrangiert, die die BesucherInnen auf einen Spaziergang einlädt, die Enthüllung der "Butterfly Chronicles - From the Inside to the Outside" zu betrachten.
Der erste Blick in die Ausstellung fällt auf eine Fotografie aus NATHALIE GRENZHAEUSERS Serie "Pyramida", einer verlassenen russischen Bergbausiedlung auf den Spitzbergen. Die im Jahr 2000 aufgegebene Siedlung offenbart den mehrdeutigen "Inselcharakter" des Ortes im Spannungsfeld zwischen einstiger Privatheit, ökonomischer Nutzung und heutiger Isolation.
Diese stehen den monochromen Fotografien des Künstlers MICHAEL KUNZE gegenüber, die Sommernachmittage im düsteren Licht Griechenlands zeigen. Felsige Ruinen stehen als Verweise auf vergangene Zeiten, die in ihrer Verlassenheit zu abstrakten Formen werden und eine Übersetzung in die Jetztzeit finden.
Kraftvolle Monumente erwachsen aus OLIVIA BERCKEMEYERS Collagen, die eine zeitlose Aufbruchstimmung als eine Geschichte von Siegern aus glorreichen Zeiten mit Inszenierungen aus dem Hier und Jetzt verbinden.
In greller Bildsprache präsentiert KATI LIEBERT Einfamilienhäuser, die hier als adrette Behausungen mit makelloser, antiseptischer Oberfläche mehr befremden, als verzücken. Was sich hinter diesen Türen verbergen mag, verrät uns die Serie "Home Sweet Home" nicht und bleibt der Imagination des Betrachters überlassen.
In "Northeim Sculptures" schaut ANN SCHOMBURG hinter die perfekte Kulisse von Grabsteinen und gibt augenzwinkernd einen eigenwilligen Einblick in die Welt der Grabpflege. Dabei lenkt Schomburg den Blick auf Zufallsskulpturen aus Alltagsgegenständen, die im Laufe der Zeit im Verborgenen hinter den Gräbern entstanden sind.
MINOR ALEXANDER arrangiert körperimitierende Skulpturen aus Handtüchern und Bettlaken. Hotelbetten dienen als vergängliche Bühne für seine Inszenierungen. So sind die Betrachter von Minors Installationen zuallerst die Zimmermädchen. Der Künstler fängt seine Arrangements vor dem Verlassen des Hotelzimmers fotografisch ein. Den Blick des Zimmermädchens bedauerlicherweise nicht.
SASCHA BOLDT interagiert in seiner Werkgruppe der "One Second Photos" mit Plakaten im öffentlichen Raum. Eine Auswahl der Handfotos dieser fortlaufenden Serie zeigt ironische Bezugnahmen zwischen Zwei- und Dreidimensionalität. Als Protagonist lotet er hierbei die Schnittstellen zwischen Abgebildetem und Abbildung aus.
Die Motive aus der Serie "Philosophers" der Fotografin CATRINE VAL entlehnen sich dem Genderthema. Val geht es um die Suche nach neuen Bedeutungen von Visionen, Gender und Identität.
EKACHAI EKSAROJ bildet ab und persifliert in seinen Arbeiten gleichermaßen den Glamour der Modewelt. Eksaroy schlüpft mit überladenen Einkaufstüten von Luxus Labeln in die Rolle des "never ending Shopping victim".
Die Fotografin SEMRA SEVIN reflektiert die Inszenierung der Frau, welche einem komplexen Konstrukt von gesellschaftlichen Erwartungen, Kultur, Politik und dem Blick der "Kreatoren" entsteht. Berliner Künstlerinnen stehen hierbei Semra Sevin Modell.